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Editorial | Ein Interview mit der Geschäftsführung
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Die Gebr. Heller Maschinenfabrik GmbH feiert dieses Jahr ihr 125-jähriges Firmenjubiläum. Für die beiden Geschäftsführer der HELLER Gruppe, Klaus Winkler und Manfred Maier, ein guter Zeitpunkt, die letzten Jahre Revue passieren zu lassen und gleichzeitig einen Blick auf zukünftige Herausforderungen zu werfen.

 

TEXT Helmut Angeli FOTOS Tina Trumpp

Wenn man denn das Unternehmen HELLER mit der Begrifflichkeit „Hersteller von Werkzeugmaschinen vor allem für die Automobilindustrie“ umschreiben würde, wären Sie mit dieser Kennung zufrieden?
Winkler: Nein, überhaupt nicht. Die Firma HELLER steht seit vielen Jahren vor allem für effiziente Produktion von anspruchsvollen Werkstücken. Dass davon nach wie vor ein Großteil in das Umfeld der Automobilindustrie geht, ist sicherlich nicht falsch. Wobei wir das absolut nicht als Manko sehen, sondern durchaus stolz darauf sind, für eine derart anspruchsvolle Klientel arbeiten zu dürfen. Gleichzeitig sind wir aber Ausrüster für viele Anwender außerhalb dieser Branche.

Würden Sie die gleiche Antwort geben, Herr Maier?
Maier: Das kann ich nur unterstreichen, wobei mir wichtig ist, dass das so verstanden wird, dass HELLER vor allem für produktive Fertigung steht. Das erklärt auch unseren Schwerpunkt Automobil, denn gerade in diesem Umfeld ist die wirtschaftliche Produktion von Serienteilen eine zentrale Forderung. Wobei wir unter Automobilindustrie nicht nur die Hersteller direkt, also die OEMs, verstehen, sondern zusätzlich die Zulieferindustrie bis hin zu den Job Shops. Gleichzeitig möchte ich aber die Aussage von Herrn Winkler ausdrücklich unterstreichen, dass dies nur ein Teil von HELLER ist. Unsere Stärke liegt unabhängig von jeder Branche in der Entwicklung und Herstellung von Fertigungslösungen, die Stückzahlen bringen. Trotzdem sind wir bemüht, den Anteil Automobil durch eine Ausweitung auf andere Branchen und Geschäftsfelder zu reduzieren …

… erfolgreich?
Winkler: Durchaus. Seit der Jahrtausendwende hat sich dieser Anteil von über 75 Prozent auf derzeit zirka zwei Drittel gesenkt.

Stichwort Jahrtausendwende: Das Geschäftsführer-Duo Winkler/Maier ist nahezu seit diesem Zeitpunkt in der Verantwortung. Mit welchen Zielsetzungen sind Sie denn in dieser Funktion angetreten?
Maier: Herr Winkler und ich sind seit 2003 Mitglieder der Geschäftsführung. Angetreten sind wir damals vor allem unter der Maßgabe, nach dem bereits zu diesem Zeitpunkt geplanten Ausscheiden von Herrn Berndt Heller aus der operativen Geschäftsführung in 2006 zum einen eine kontinuierliche Entwicklung der Firma sicherzustellen und zum anderen gleichzeitig die Internationalisierung weiter voranzutreiben. Wobei hier vor allem eine Ausweitung unseres Asien-Geschäftes im Fokus stand.

… mit welchem Erfolg?
Winkler: Schon seit 1950 exportiert HELLER Maschinen nach China. Mit insgesamt vier Standorten in China für Vertrieb und Service sowie weiteren Standorten in Indien, Singapur und Thailand unterstreichen wir unser Bekenntnis zum asiatischen Markt. Und seit 2013 werden in unserem Produktionswerk in Changzhou Bearbeitungszentren projektiert, montiert und ausgeliefert. Grundsätzlich ist festzustellen, dass die von der dritten Generation der Familie Heller angeschobene Internationalisierung die Basis für den heutigen wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens war. Es ist unabdingbar, dass wir weltweit unseren Kunden Niederlassungen in ihrer Nähe bieten. Hätten wir weiterhin versucht, den Weltmarkt von Nürtingen aus zu bearbeiten, gäbe es uns möglicherweise schon gar nicht mehr. Gleichzeitig wurde damals immer deutlicher, dass die Nachfrage nach Transferstraßen immer weiter zurückgeht und unsere Kunden vermehrt flexible Lösungen nachfragen. Also haben wir mit unserem neu entwickelten Programm von standarisierten Bearbeitungszentren versucht, dieser Kundenanforderung zu entsprechen.

Nun könnte man hinter Schlagworten wie „Erfolg durch Internationalisierung“ und „Näher am Kunden“ schon fast einen Bedeutungsverlust des Stammsitzes hier in Nürtingen vermuten. Ist diese Folgerung zulässig?
Maier:Ist sie nicht. Das zeigt sich nicht zuletzt an einer ganzen Reihe von zukunftsweisenden Investitionen, die der weiteren Entwicklung des Standortes dienen. Wir haben den weiteren Ausbau ganz bewusst auf unser Jubiläumsjahr gelegt. Wir werden im Werk 2 hier in Nürtingen eine zusätzliche Halle bauen und so die Montage unserer Maschinen auf eine modernere Basis stellen. Wir werden außerdem hier im Werk 1 noch zusätzliche Büroflächen schaffen.

Obwohl die Geschäftsführung nicht mehr mit Familienmitgliedern besetzt ist, dürfte der Status eines Familienunternehmens durchaus noch einen gewichtigen Einfluss auf die Unternehmensphilosophie haben. Ist das so?
Winkler: Es ist in erster Linie die Möglichkeit, das Unternehmen längerfristig auszurichten, ohne dem berühmt-berüchtigten Quartalsdenken unterworfen zu sein. Vor allem aber erzeugt ein Familienunternehmen eine tiefere Bindung der Mitarbeiter zur Firma. Gerade diese Identifikation der Arbeitnehmer mit „ihrem“ Unternehmen wird gemeinhin oft unterschätzt. Wir jedenfalls sind glücklich über die Gesellschafterstruktur und das daraus resultierende Engagement und den Einsatz der HELLER Belegschaft.

Schlägt sich dieses Glücklichsein auch in den Geschäftszahlen nieder?
Winkler: Wir haben im Jahr 2018 einen Auftragseingang von rund 700 Millionen Euro realisiert. 2019 werden wir einen Umsatz von deutlich über 600 Millionen abrechnen. Und um Ihrer Frage nach dem Ergebnis vorzugreifen: HELLER hat seit 2003 mit Ausnahme des Krisenjahres 2009 operativ schwarze Zahlen geschrieben und ist durchschnittlich um zirka fünf Prozent jährlich gewachsen.

Was hat HELLER eigentlich aus der Krise 2008/2009 gelernt?
Winkler: Eine ganz wesentliche Lehre war für uns, dass wir uns noch unabhängiger von Banken und Finanziers machen, sprich unsere Eigenkapitalquote erhöhen und eine möglichst geringe Verschuldung anstreben müssen. Das zweite war die Erkenntnis, dass es wichtig ist, sich breiter aufzustellen und damit die Abhängigkeit von einem einzelnen Markt zu verringern. Heute kann ich sagen, das ist uns weitestgehend gelungen. Und drittens haben wir erkannt, dass wir uns möglichst unabhängig von politischen Entscheidungen machen müssen. Was meint, dass wir uns vorbereiten müssen, dass die Globalisierung nicht für alle Länder ein Ziel ist und wir es uns als Ziel setzen müssen, auch lokal vor Ort präsent zu sein, um Handelsbeschränkungen und Zölle zu umgehen. Wir werden uns darauf einstellen, dass populistische Politiker uns das Geschäft erschweren.

Früher sprach man oft und viel in der Werkzeugmaschinenbranche von dem sogenannten Schweinezyklus, was meint, dass das Auf und Ab in der Branche relativ gleichmäßig vonstattenging. Gilt das immer noch?
Maier: Regional gibt es diese Schwankungen natürlich immer noch. Aber heute sind auf der einen Seite die Zulieferketten weltweit so verteilt, dass diese Ausschläge im Prinzip nivelliert werden. Auf der anderen Seite gibt es derzeit viele handelspolitische Hemmnisse und Unsicherheiten, die prinzipiell in eine krisenhafte Entwicklung münden könnten. Und wir wissen, dass die Autoindustrie in den letzten Jahren zum einen sehr viel in neue Betriebsmittel investiert hat und zum anderen jetzt zusätzlich vor einer Phase steht, die von der Unsicherheit geprägt ist, wie es weiter geht in Sachen Powertrain.

… und wie geht es weiter?
Maier: So sehr wir alle uns wünschen und daran arbeiten, den weltweiten CO2-Ausstoß zu reduzieren, gibt es noch keine wirklich befriedigende Lösung. Wenn man heute die einschlägigen Veröffentlichungen liest, dann könnte man glauben, der Elektroantrieb sei eine konkurrenzlose Technologie. Dem ist aber nicht so. Es gibt eine ganze Reihe von interessanten Forschungsansätzen – von Brennstoffzellen bis hin zu Wasserstoffantrieben und synthetischen Brennstoffen –, die vielleicht schon in naher Zukunft bis zur Marktreife gebracht werden. Es gibt seriöse Studien, die für die nächsten zehn Jahre von einem um 30 Millionen erhöhten Pkw-Bestand ausgehen, und das bei einem Elektromobil-Anteil von rund zehn Prozent.

Trotzdem: Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Unternehmen wie HELLER die ganze Entwicklung nur beobachtet und nicht schon Maßnahmen ergriffen hat, um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein …
Winkler: Natürlich haben wir die verschiedenen Szenarien nicht nur diskutiert, sondern uns auch für mögliche Veränderungen gerüstet …

… zum Beispiel?
Winkler: Wir haben unsere Marktpräsenz weiter verbreitert. Dabei spielt Asien eine bedeutende Rolle. Unser Vertrieb wurde in den letzten Jahren dahingehend optimiert, dass neben unseren Großkundenbetreuern auch die Vertriebsmannschaft für das Flächengeschäft, sowohl im Innen- als auch im Außendienst, neu aufgestellt wurde. Wir haben das in Europa, aber auch in China ganz gezielt ausgebaut. HELLER bietet ja flexibel konzipierte Maschinenkonzepte, die in den unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt werden können. Ziel ist es dabei ganz klar, unsere Kundenbasis zu verbreitern. Das ist uns im Übrigen, wie der Auftragseingang im letzten Jahr belegt, ziemlich gut gelungen. Wir wollen und müssen weiter daran arbeiten.

Gleichzeitig werden – Stichwort Industrie 4.0 – veränderte Anforderungen an Werkzeugmaschinen wie auch und vor allem an die Mitarbeiter gestellt. Wie reagiert HELLER auf diese Entwicklung?
Maier: Die Grenzen zwischen Mechanik und Elektrik sind fließender geworden. Das hat beispielsweise zu dem Ausbildungs- und Studiengang Mechatronik geführt. Heute ist ein vertieftes Verständnis beider Komplexe unumgänglich. Gleichzeitig aber hebt das nicht das Spezialistentum auf, denn auch ein Mechatroniker wird sich früher oder später entscheiden müssen, auf welches Gebiet er sich letzten Endes konzentriert. Wichtig dabei ist die Kommunikation untereinander.

Winkler: Zudem kommt mit der Informatik noch eine dritte Fakultät mit an den Tisch. Entscheidend für den Erfolg ist aber die Teamleistung. Und unsere Aufgabe ist es, den Austausch und den Teamgedanken zu fördern.

Wie wird das alles zukünftige Maschinenkonzepte beeinflussen?
Maier: Die mechanische Auslegung von Werkzeugmaschinen, so denn Forderungen wie hohes Zerspanvolumen und höchste Präzision an diese Maschinen gestellt werden, ist physikalischen Gegebenheiten unterworfen, die sich auch in Zukunft nicht grundsätzlich von den heutigen Standards unterscheiden werden. Änderungen dürften sich vor allem im Umfeld der integrierten Sensoren und Aktoren ergeben. Die Werkzeugmaschine wird damit immer mehr zu einem Bestandteil übergreifender Systeme.

Welchen Stellenwert hat der Standort Nürtingen?
Winkler: Bis zum heutigen Tag einen sehr hohen. Nürtingen ist noch immer der größte Einzelstandort. Nürtingen verfügt über enormes Erfahrungswissen. Nürtingen ist Entwicklungsstandort, Nürtingen unterstützt aber vor allem die weltweiten Markteinheiten. Gleichzeitig bin ich mir aber auch sicher, dass sich mittelfristig die Gewichtung innerhalb der HELLER Gruppe verschieben wird …

… in welche Richtung?
Winkler: Wir werden unsere Belegschaft verstärkt in den Regionen, in denen unsere Kunden sitzen, ausbauen. Wir generieren heute 30 Prozent unseres Geschäftes in Deutschland, aber 70 Prozent unserer Mitarbeiter arbeiten hier. Ich gehe davon aus, dass es langfristig schwierig sein wird, selbst diesen Umsatzanteil von 30 Prozent in Deutschland zu erreichen. Deshalb glaube ich, dass unser Personalwachstum künftig woanders stattfinden muss. Das muss und wird aber überhaupt nicht zulasten des Standortes Nürtingen gehen, sondern soll den Standort hier sogar stärken. Dass dies möglich ist, zeigt die Vergangenheit. Trotz der zunehmenden Internationalisierung und des Aufbaus von Produktionswerken in verschiedenen Weltregionen sind die Mitarbeiterzahlen am Standort Nürtingen konstant geblieben.

Wie hoch ist eigentlich die Fertigungstiefe bei HELLER?
Maier: Die elektrischen Komponenten bis hin zur Steuerung sind Zukaufteile wie auch Konstruktionselemente wie Lager oder Führungen. Für alle anderen Teile gilt die Aussage: „HELLER hat die Fähigkeit, das alles in Eigenregie herzustellen, aber nicht die Kapazität.“ Soll heißen, dass wir auch bestimmte Fertigungsteile zukaufen. Aber: Alle qualitätsbestimmenden Komponenten und Baugruppen wie beispielsweise Rundtische und Spindeleinheiten kommen aus unserem Haus. Dabei ist festzuhalten, dass wir sogar Teile, die wir früher zugekauft haben, wieder in Eigenregie herstellen.

Viele der Wettbewerber haben inzwischen additive Verfahren in ihre Maschinen integriert. Wie sieht das bei HELLER aus?
Maier: Prinzipiell gehört das Beschichten von Zylinderlaufbahnen in den Bereich additive Fertigung. Rechnet man das mit ein, dann ist HELLER im Werkzeugmaschinenbereich der mit Abstand größte Integrator additiver Verfahren. Soll heißen, wir sind durch CBC (CylinderBoreCoating) der Weltmarktführer in Sachen Additive Manufacturing und können zudem die Erfahrungen, die wir bei dem CBC-Verfahren gewonnen haben, durchaus bei anderen Aufgabenstellungen nutzen. Für uns ist Additive Manufacturing eine Ergänzung unserer Angebotspalette und nicht mehr, denn wie schon angedeutet ist HELLER in der Produktion zuhause. Mit additiven Verfahren ist es in aller Regel unmöglich, in Produktionsstückzahlen zu fertigen. Im Übrigen auch nicht in der von uns erwarteten Präzision.

Wohin entwickelt sich HELLER in den nächsten Jahren?
Winkler: Unsere Zielrichtung ist ganz eindeutig weiteres Wachstum – und das weltweit. Dafür müssen wir unser Produktprogramm noch weiter verbreitern, neue Kundenkreise akquirieren und gleichzeitig unsere Partnerschaft mit der Automobilindustrie weiter festigen.

Wo sehen Sie die Märkte der Zukunft?
Winkler: Ganz eindeutig in Asien und trotz der jüngsten Meldungen auch und vor allem in China. Denn obwohl China inzwischen der bedeutendste Markt für Automobile ist, ist dort die Fahrzeugdichte nicht annähernd so hoch wie in den USA oder Europa. Das heißt, dass es dort auch in Zukunft noch einen gewaltigen Bedarf gibt. Zudem kann davon ausgegangen werden, dass die Industrialisierung noch bei weitem nicht ausreicht, um den Lebensstandard zu steigern und dadurch stabile politische Verhältnisse sicherzustellen. Auch das schafft der internationalen Werkzeugmaschinenindustrie weitere Absatzmöglichkeiten.

Maier: Ausgehend vom möglichen Geschäftsvolumen ist Asien in Sachen Werkzeugmaschinenverbrauch noch viele Jahre die absolute Nummer eins. Aber wenn es uns gelingt, auch in den USA außerhalb der Automobilindustrie einen vergleichbaren Anteil wie hier in Europa zu erreichen, dann ist auch Nordamerika für HELLER ein wichtiger Wachstumsmarkt.

HELLER begeht im Frühsommer das 125-jährige Firmenjubiläum. Welche Aktivitäten sind hierfür geplant?
Winkler: Zentrale Veranstaltung ist der Jubiläumstag Anfang Juli. Dort wollen wir mit unseren Mitarbeitern und ihren Angehörigen gemeinsam feiern. Von Mai bis Oktober dieses Jahres zeigt das Stadtmuseum Nürtingen eine Sonderausstellung zum Jubiläum.

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